Ein Nebengebäude sorgt für Ärger

10. Februar 2018

Seit Jahren leidet ein Kremser Ehepaar unter Lärmbelästigung, verursacht von einer täglichen Be- und Entladetätigkeit am Nachbargrundstück. Der Nachbar nützt sein als Nebengebäude bewilligtes Bauwerk offenbar als Lager für sein Unternehmen. Da die Stadt Krems ihre Beschwerden nicht ernst nahm, wandte sich das Paar an die Volksanwaltschaft. Volksanwältin Gertrude Brinek kritisiert die konsenswidrige Nutzung und fordert den Kremser Magistrat zum Handeln auf.

Auf dem Nachbargrundstück eines Kremser Ehepaares bewilligte der Kremser Magistrat ein Einfamilienwohnhaus mit Nebengebäude. Als unmittelbare Nachbarn war das Ehepaar zwar vom geplanten Vorhaben verständigt worden, ging aber davon aus, dass – wie im Einreichplan angeführt - ein Carport mit einer kleinen Garten- bzw. Gerätehütte entstehen würden und erhob deswegen keine Einwände. Die eigentliche Bauverhandlung entfiel.

Nebengebäude als Lager für ein Unternehmen

Trotz Wohngebiet wurde jedoch ein großes Nebengebäude mit einem breiten Einfahrtstor errichtet, in dem seither Baumaterial gelagert und Hubstapler sowie ein Traktor eingestellt werden. Der Besitzer argumentiert, er würde Material, Geräte und Fahrzeuge ausschließlich privat nutzen. Gelagert wird dort jedoch Baumaterial für Kachelöfen im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit als Hafnermeister. Laut dem Kremser Ehepaar werden täglich Lieferfahrzeuge mit dem Hubstapler be- und entladen. Der dadurch entstehende Lärm würde das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen. Während der Arbeiten kann sich das Ehepaar im Garten nicht mehr unterhalten. Obwohl es zu diesem Zeitpunkt bereits eine Fertigstellungsanzeige für das Haus gab, rechtfertigte der Nachbar den Lärm mit Bauarbeiten am Wohngebäude.

Eine Anfrage des Ehepaars zur Nutzung des Gebäudes an den Magistrat blieb unbeantwortet. Mehrere Versuche der Kontaktaufnahme mit dem Nachbarn brachten keine Lösung. Schließlich dokumentierte das Ehepaar das Be- und Entladen, das Lager und die Palletten und beschwerte sich beim Magistrat aufgrund der andauernden Lärmbelästigung. Der Magistrat führte daraufhin zwar einen Lokalaugenschein durch, stellte jedoch keine gewerbliche Nutzung fest und wies alle Vorwürfe zurück. Es wäre in diesem Fall auch keine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich.

Begriff "Nebengebäudes" sollte präzisiert werden

„Von einer privaten Nutzung kann in diesem Fall keine Rede sein. Wir erleben in Niederösterreich bedauerlicherweise immer wieder Nebengebäude-Interpretationen, die dem Sinn nicht entsprechen“, so Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek und hofft, dass der aktuelle Fall eine gesetzliche Änderung bringen wird. Insbesondere was die Definition des Nebengebäudes betrifft.

Gerald Kienastberger von der Abteilung für Bau- und Raumordnungsrecht des Landes Niederösterreich sieht dies ähnlich: „Die verwendete Typologie passt hier überhaupt nicht mehr. Die Unterscheidung zwischen Neben- und Hauptgebäude bringt nichts. Das sind mehr oder weniger zwei gleichrangige Gebäude, wovon eines offenbar gewerblich genutzt wird.“

Gute Behördenarbeit

Volksanwältin Brinek: „Ein Gewerbebetrieb hat im Wohngebiet nichts verloren.“ Der Magistrat bezeichnet jedoch eine mögliche Änderung des Verwendungszwecks als „völlig unproblematisch“. Eine Aussage, die Volksanwältin Brinek scharf kritisiert: „Was ist denn das für eine Behörde, die bereits vor einer ordentlichen Prüfung weiß, wie das Ergebnis aussehen wird?“

Gegen die Einschätzung des Kremser Magistrats äußerte auch Kienastberger im Laufe der ORF-Sendung Bedenken: „Es geht in erster Linie um die Nutzung. Die Unterscheidung Neben- und Hauptgebäude gilt für Wohnhäuser und nicht gewerblich genutzte Gebäude.“

Volksanwältin Brinek fordert den Magistrat Krems daher auf, den Fall nochmals genau zu überprüfen und gegebenenfalls einen Sachverständigen hinzuzuziehen. „In Österreich müssen sich die Bürger darauf verlassen können, dass ein behördliches Verfahren sauber, auf Basis des Gesetzes, in einem entsprechenden Tempo durchgeführt wird. Dann sind alle auf der sicheren Seite.“